| Kauen ist Nervensache
Spätestens seit den 80er Jahren hat der Hummermagen wieder für
Aufsehen gesorgt. Es geht dabei vor allem um die Magenbewegungen
(z.B. das Kauen der Magenzähne) und deren Steuerung durch das
Nervensystem. Bei allen rhythmischen Bewegungen, wie Fliegen, Laufen,
oder Kauen, entsteht der Bewegungsablauf nicht erst in den Muskeln,
sondern er wird schon im Nervensystem vorprogrammiert. Der Hummer
bietet hier besonders gute Untersuchungsmöglichkeiten, weil die
Steuerzentrale für die Magenbewegungen leicht zu finden ist: Ein 1mm
langer Nervenknoten, der nur etwa 30 Nervenzellen enthält.

Der Nervenknoten auf
dem Krebsmagen. Blau angefärbt sind die Zellkörper der Nervenzellen,
die die Magenbewegungen steuern. Dazwischen kommunizieren sie über
feine Fortsätze miteinander. |
Diese Nervenzellen sind rhythmisch aktiv, d.h. sie zeigen
hochgeordnete Entladungsmuster, die durch spezielle Eigenschaften
einzelner Zellen oder ihrer Verschaltung untereinander bedingt sind.
So gibt es z.B. einen Taktgeber (siehe Foto), der das Tempo der
rhythmischen Bewegung des Filtermagens vorgibt. Auf der Ebene der
Verschaltung gibt es z.B. das Prinzip der wechselseitigen Hemmung,
nach der der Gegenspieler immer nur abwechselnd aktiv sind (z.B. Zahn
erst rein, dann raus).

Der Taktgeber des
Nervenknotens. Diese Zelle funktioniert ähnlich wie die
Schrittmacherzentren unseres Herzens und gibt den Takt für die
anderen Nervenzellen vor. |
Am Zoologischen Institut der Universität Bonn erforschen Prof.
Hans-Georg Heinzel und seine Mitarbeiter, wie anpassungsfähig der
Nervenknoten, und damit die Magenbewegung ist. Alle Funktionen können
nämlich durch Hormone blitzschnell verändert werden, so dass neue
Bewegungsmuster wie Schlucken, Hervorwürgen u.ä. entstehen. Beim Hummer
kann man das modellhaft zeigen. Aber auch andere Tiere polen ihre
Schaltkreise um, ein Pferd z.B., wenn es vom
Traben in Galoppieren fällt. Für den Hummer zählt indes nur Eines:
Er muss seinen Magen auf die nächste Mahlzeit vorbereiten.
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