| Aquakultur: Die Methode der Zukunft?
Vor Helgoland sind die niedrigen Hummerfangzahlen besonders
alarmierend. Doch auch andernorts wünschen sich Hummerfischer höhere
Erträge. Denn Hummer sind für Fischer eine gute Ertragsquelle, und
der Bedarf zu Zeiten einer neuen Feinschmeckerkultur lässt nicht
nach.
In Norwegen, Irland und Großbritannien versucht man deshalb mit sog.
Aufstockungsprogrammen, die Hummerzahl zu vergrößern.
Es wäre viel zu teuer, Hummer bis zur "Konsumgröße" künstlich
aufzuziehen. Das würde mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Ständig
müsste für sauberes beheiztes Meerwasser gesorgt werden, und die
hungrigen Hummermäuler würden viel zu viel Futter verschlingen. Wohl
der wichtigste Grund, weshalb Hummerzucht zu aufwendig ist: Hummer
werden zu Kannibalen, wenn sie eng beeinander leben. Die Tiere würden
sich also gegenseitig fressen.
Solange sie noch in frühen Lebensphasen wie Plankton im Wasser
schweben, ist die Haltung relativ unproblematisch, denn sie können
durch einen Wasserstrom voneinander fern gehalten werden. Doch wenn
sie anfangen, auf dem Grund des Aquariums zu leben, dann muss man die
Tiere einzeln halten.

Skizze eines Larvenkreisels: In solchen Gefäßen werden die
kleinen schwebenden Larven großgezogen. Ein starker Wasserstrom
verhindert, dass sie sich gegenseitig fressen. Ab einem Alter von ca.
5 Wochen sind sie dafür zu groß, dann müssen sie in
Einzelkompartimenten gehalten werden. |
Weil die Aufzucht so schwierig ist, begnügt man sich in den meisten
Zuchtstationen, kleine Hummer bis zum Alter von wenigen Monaten
aufzuziehen und diese dann im Meer auszusetzen. Ihre
Überlebenschancen sind nun schon viel größer als die der
frischgeschlüpften Larven. Von denen überleben nämlich nur 1% die
ersten vier Lebenswochen in der Wildbahn, wohingegen die
Überlebensrate im Labor für diese Altersstufen bei knapp 50% liegt.
Fischer und Forscher arbeiten bei diesen Projekten eng zusammen. Die
Forscher interessiert beispielweise, wie die ausgesetzten Tiere unter
Wasser wandern oder welche Gegenden die Tiere besonders lieben. Dazu
pflanzen sie den Tieren einen winzigen Magnetstreifen ein. Alle
angelandeten Hummer werden erst durch einen Detektor geschickt. Wenn
es piepst, dann stammt der Hummer aus der künstlichen Aufzucht. Durch
Vergleich der Aussetz- und der Fangorte kann man nachvollziehen, wie
sich das Tier in welcher Zeit bewegt hat. Solche Forschungen kommen
natürlich den Fischern zugute, denn je mehr Tiere an den günstigen
Orten ausgesetzt werden, desto mehr werden auch die Gefahren unter
Wasser überstehen.
Das norwegische Großprojekt, das seit 1990 läuft, hat sich bisher als
erfolgreich erwiesen. 130.000 kleine markierte Zuchthummer wurden
über die Jahre in Westnorwegen ausgesetzt. In manchen Gegenden machen
die Zuchttiere schon 65% der gefangenen Hummer aus. Ein Zeichen
dafür, dass Tiere aus der künstlichen Aufzucht gut in der Wildbahn
überleben.
Ziel all dieser Projekte aber ist letzlich, den natürlichen Bestand
zu stärken und irgendwann einmal auf die künstliche Aufzucht
verzichten zu können. Durch Überfischung, so nimmt man an, ist das
natürliche Gleichgewicht gestört worden, das es nun wieder
herzustellen gilt.
In den USA und in Kanada leben hingegen genug wilde Hummer. Man kann
sogar noch die Europäer mit dieser Delikatesse versorgen, ohne dass
eine künstliche Aufzucht nötig ist.
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